Dienstag, 12. Oktober 2021 · 1694 Wörter · 12649 Zeichen

Gemeinsames europäisches Forschungsprojekt bringt automatisiertes Fahren voran

L3Pilot, Europas erster umfassender Pilotversuch zum automatisierten Fahren auf öffentlichen Straßen, präsentiert automatisierte Systeme für Autos auf dem ITS World Congress 2021 in Hamburg.

  • SAE Level 3 und 4 Funktionen werden auf normalen Straßen in sieben europäischen Ländern getestet, auch grenzüberschreitend
  • Entwicklung einer paneuropäischen Testumgebung und -methodik
  • Erstellung eines "Code of Practice" zur Beschleunigung und Harmonisierung der Entwicklung von automatisierten Fahrsystemen
  • Schaffung eines Rahmens für die Sammlung, Speicherung und Auswertung großer Datenmengen auf harmonisierte Weise
  • Datensätze für weitere Forschung öffentlich zugänglich
  • Erhöhte Sicherheit als Hauptnutzen von automatisierten Fahrsystemen nach SAE Level 3 identifiziert

Hamburg, 11. Oktober 2021 – Vom 11. bis 15. Oktober zeigt das von der Volkswagen AG geleitete und von der Europäischen Kommission kofinanzierte europäische Forschungsprojekt L3Pilot automatisierte Fahrfunktionen in der Stadt Hamburg und auf Autobahnen in der Umgebung. Das vierjährige Projekt wird nun mit der Abschlussveranstaltung im Rahmen des ITS-Weltkongresses in Hamburg 2021 erfolgreich zu Ende gehen.

Das Projekt, das von 2017 bis 2021 in dem Projekt gemeinsam läuft, brachte Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, darunter Automobilhersteller, Zulieferer, Hochschulen, Forschungsinstitute, Infrastruktur- und Regierungsbehörden, Nutzergruppen und den Versicherungssektor. Die Erfahrung der Partner bei der Erprobung intelligenter Fahrzeugtechnologien in großem Maßstab ermöglichte es, eine europaweite Testumgebung zu schaffen. Der Code of Practice for the Development of Automated Driving Functions (CoP-ADF) ist eine der wichtigsten Errungenschaften von L3Pilot. Er bietet umfassende Leitlinien für die Unterstützung des Entwurfs, der Entwicklung, der Überprüfung und der Validierung von Technologien für das automatisierte Fahren.

Vierzehn Partner konzentrierten sich auf die Erprobung automatisierter Fahrfunktionen bei normaler Autobahnfahrt, im Stau, im Stadtverkehr und beim Parken. An den Pilottests, die von April 2019 bis Februar 2021 laufen, waren sieben Länder beteiligt: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweden und das Vereinigte Königreich, darunter zwei grenzüberschreitende Studien zwischen Deutschland und Luxemburg sowie Deutschland, Belgien und dem Vereinigten Königreich.

"Automatisiertes Fahren hat ein enormes Potenzial, Mobilität sicherer, effizienter und komfortabler zu machen. Die L3Pilot-Partner haben große Anstrengungen unternommen, um die Pilotierung voranzutreiben und die Projektziele zu erreichen - trotz der gewaltigen Pandemiekrise. Dies zeigt das herausragende Engagement unseres europaweiten Partnernetzwerks. Eine unserer wichtigsten Errungenschaften ist der Code of Practice für die Entwicklung automatisierter Fahrfunktionen. Er bietet Richtlinien, die die Entwicklung von sicheren und zuverlässigen automatisierten Fahrsystemen unterstützen", sagt L3Pilot-Koordinator Aria Etemad, Volkswagen AG.

Im Rahmen des Projekts wurden 70 Fahrzeuge ausgestattet, die Testflotte umfasste 13 verschiedene Fahrzeugmarken und Fahrzeugtypen vom Pkw bis zum SUV. Mehr als 400.000 km wurden auf Autobahnen zurückgelegt, davon 200.000 km im automatisierten Modus und 200.000 km im manuellen Modus als Basis für den Vergleich der Nutzererfahrung und die Bewertung der Auswirkungen. Mehr als 24.000 km wurden im automatisierten Modus im Stadtverkehr zurückgelegt. Mit dem Ziel, das Nutzererlebnis der automatisierten Fahrfunktionen in den Mittelpunkt zu stellen, nahmen über 1.000 Personen an Pilottests und ergänzenden Tests in virtuellen Umgebungen teil.

Das Projekt konzentrierte sich auf SAE Level 3-Funktionen für automatisiertes Fahren auf Autobahnen und im Stadtverkehr, während SAE Level 4-Funktionen ausschließlich auf Park- und Nahbereichsszenarien abzielten. SAE Level 3 beinhaltet eine bedingte Automatisierung, bei der der Fahrer angemessen auf die Aufforderung reagieren muss, die Fahrzeugsteuerung für das manuelle Fahren zu übernehmen. Reagiert der Fahrer nicht angemessen auf die Aufforderung zur Übernahme der Fahrzeugsteuerung, führt das Fahrzeug ein automatisches Manöver mit minimalem Risiko durch, um das Fahrzeug sicher anzuhalten.

Darüber hinaus führte L3Pilot umfangreiche ergänzende Tests durch, um auch Nutzererfahrungen zu erforschen, die in groß angelegten Pilotprojekten aufgrund von Sicherheitsanforderungen und rechtlichen Fragen nur schwer zu berücksichtigen sind. Daher wurden zusätzlich zu den Pilotversuchen auf der Straße weitere Studien durchgeführt, um die Systemnutzung und andere relevante Benutzererfahrungen mit normalen, nicht professionellen Fahrern in sicheren und virtuellen Umgebungen zu untersuchen. Die umfangreichen Studien umfassten etwa 600 Probanden.

Die Forschung zeigt, dass ein automatisiertes System, das Autobahn-, Stadt- und Parkfunktionen für ein robustes Hands-Off-Fahrverhalten umfasst, einen sozialen Nutzen generiert, der höher ist als die sozialen Kosten für die Installation des Systems.

L3Pilot ebnete den Weg für groß angelegte Fahrversuche mit automatisierten Serienfahrzeugen im realen Verkehr. Dies unterstreicht die führende Rolle der europäischen Automobilindustrie bei der Entwicklung zuverlässiger, gründlich getesteter und benutzerfreundlicher Technologie.

Innerhalb des Projekts verantwortete das ika das Teilprojekt „Evaluation“ und damit verbunden das Management, die Koordination und die Methodik der Datenauswertung. Dazu wurden zunächst die verschiedenen Auswerte-Mechanismen der unterschiedlichen Hersteller aus verschiedenen Ländern harmonisiert, um so die im Projekt gesammelten Daten der automatisierten Fahrzeuge vergleichbar zu machen. Ebenso entstand unter Leitung des ika ein einheitliches Datenformat, das diese harmonisierte Auswertung ermöglichte. Auf diesem Wege wurde eine umfassende Sammlung verschiedenster Fahrzeugdaten für die Anwendungsfälle Autobahn, Stadt und Parken angelegt. Um diese sinnvoll zu verarbeiten, entwickelte das Team am ika einen neuen Algorithmus, der automatisiert relevante Fahrszenarien erkennt und extrahiert. Diese Szenarien dienen nun der Analyse des Verhaltens der Fahrzeuge im Verkehr und der Simulation von sicherheitsrelevanten Situationen. Innerhalb des Projekts L3Pilot konnten so Fragen nach dem Verhalten und der Sicherheit automatisierter Fahrzeuge im Straßenverkehr beantwortet werden, noch bevor diese überhaupt auf dem Markt erhältlich sind.

Darüber hinaus war das Team des ika maßgeblich an der Entwicklung des Code of Practice für die Entwicklung automatisierter Fahrzeuge beteiligt. Im Folge-Projekt Hi-Drive wird das Thema weiterverfolgt und eine Szenarien- und Edge-Case Datenbank zum besseren Verständnis von herausfordernden Situationen für automatisierte Fahrzeuge entwickelt, die dazu beitragen kann, die Wirksamkeit des automatisierten Fahrens für unterschiedliche Nutzergruppen zu untersuchen.

Ziel des Projekts

Mit dem Korridor für neue Mobilität Aachen – Düsseldorf wird unter Einbindung bestehender Testmöglichkeiten wie dem Testfeld KoMoD in Düsseldorf oder dem abgeschlossenen Testgelände Aldenhoven Testing Center eine integrierte Entwicklungsumgebung geschaffen, um automatisierte Fahrzeuge in Interaktion mit vernetzter Infrastruktur systematisch zu testen und abzusichern.

Dies erfolgt durch eine zeit- und kosteneffiziente Toolkette und Methodik, in der Simulation, abgeschlossene Testgelände sowie Testfelder im öffentlichen Verkehr bestmöglich verknüpft werden. Um vielfältige Verkehrsszenarien abbilden zu können, enthält der Korridor einen Autobahnabschnitt, einen urbanen und einen ländlichen Bereich. Zunächst wird dazu eine Testumgebung aufgebaut, die mit Hilfe einer Referenzsensorik, Verkehrsteilnehmende und -umgebung auf den drei Testfeldabschnitten (Stadt, Land, Autobahn) hochgenau erfasst. Zusätzlich findet eine Vernetzung mit der Verkehrsinfrastruktur durch vernetzte Lichtsignalanlagen an der Vaalser Straße in Aachen statt. Ebenso wird eine zentrale Datenbank eingerichtet, in der alle anonymisierten Daten verarbeitet und gespeichert werden und für weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie für Simulationen genutzt werden können.

Ein weiterer Bestandteil des Projekts ist die Konzeption und Implementierung eines digitalen Zwillings des Testfelds als virtuelles Abbild der drei Testfeldabschnitte für die Durchführung von Tests in der Simulation. Zusätzlich wird die Testumgebung zur Validierung automatisierter und vernetzter Versuchsfahrzeuge genutzt, die im Korridor zur Weiterentwicklung von automatisierten Fahrfunktionen eingesetzt werden.

Über die Demonstrationen

Demonstration des dynamischen Fahrens auf der Autobahn

Das Fahrzeug folgt der Fahrspur und passt seine Geschwindigkeit an, wobei verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie z. B. die Einhaltung eines sicheren Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug oder die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung. Wird ein langsameres vorausfahrendes Fahrzeug erkannt, überholt das Fahrzeug automatisch, sobald es die Situation sicher gestattet. Das Fahrzeug arbeitet in einem bedingten Automatikmodus. Die Sicherheitsfahrer sind darauf vorbereitet, jederzeit angemessen auf die Aufforderungen des Fahrzeugs zum Eingreifen zu reagieren.

  • 15 bis 20 Minuten Fahrt
  • Tour auf der B75 oder A255/A1 ab der Elbinsel Veddel
    • BMW X5
    • Honda Legend
    • Stellantis: Maserati Ghibli, DS7 Crossback and Citroën C4 Picasso
    • Ford Focus

Demonstration des dynamischen Fahrens in der Stadt

Die Fahrzeuge werden im bedingt automatisierten Modus fahren und alle fahrdynamischen Aufgaben übernehmen. Die Sicherheitsfahrer sind darauf vorbereitet, jederzeit angemessen auf die Eingriffsaufforderungen des Fahrzeugs zu reagieren.

  • 5 bis 7 Minuten Fahrt auf der TAVF-Teststrecke in Hamburg
    • 2 VW eGolf
    • 1 VW Passat – Testfahrzeug der fka GmbH (linked third party)

Ausstellungshalle B3, Stand B3EG01

Die L3Pilot-Partner stellen in der Halle B3 auf 450m² 13 Prototypenfahrzeuge aus. Darüber hinaus werden die übergreifenden Forschungsergebnisse ausgestellt. Die Experten des Projekts werden die Fragen der Besucher beantworten und zu Diskussionen einladen.

HINWEIS FÜR DIE REDAKTION

L3Pilot ist eine Innovationsmaßnahme, die von der Europäischen Union im Rahmen des Horizon 2020 Programms unter der Vertragsnummer 723051 kofinanziert wird. Vierunddreißig Organisationen haben sich verpflichtet, im Rahmen des Projekts die Auswirkungen von automatisierten Fahrsystemen auf den Fahrerkomfort, die Sicherheit und die Verkehrseffizienz wissenschaftlich zu testen und zu bewerten.

www.l3pilot.eu
Twitter _L3Pilot_
LinkedIn: L3Pilot

Laufzeit: 50 Monate, 1 September 2017 – 31 Oktober 2021
Gesamtkosten: 68 Millionen Euro
EG-Beitrag: 36 Mio. Euro
Koordinator: Volkswagen AG

 

Koordinator:
Volkswagen Group Innovation
Aria Etemad
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Allgemeiner Presse-Kontakt L3Pilot:
European Center for Information and Communication Technologies – EICT GmbH
Sarah Metzner
+49 30 3670235143
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Über das Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen University

Das Institut für Kraftfahrzeuge (ika) beforscht unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Lutz Eckstein das Gesamtfahrzeug einschließlich seiner Systeme und deren Wechselwirkungen. Von der Idee über innovative Komponenten- und Systemkonzepte bis hin zum Fahrzeugprototypen gestalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Institutes das Fahrzeug der Zukunft. Das ika leistet sowohl in öffentlichen Projekten als auch in Kooperation mit Automobilherstellern und -zulieferern einen anerkannten Beitrag zur Lösung der aktuellen Herausforderungen.

Grundlage der intensiven Forschungsarbeiten für große Teile der Automobilindustrie sowie öffentliche Fördermittelgeber auf EU-, Bundes- und Landesebene stellt die umfangreiche Infrastruktur des ika dar, welche von Antriebs-, Batterie-, Fahrwerks- und Reifenprüfständen über akustische, thermodynamische und servo-hydraulische Prüfeinrichtungen bis hin zu einer Gesamtfahrzeug-Crashanlage sowie Teststrecken einschließlich modernster Messtechnik reicht. Hinzu kommt eine aktuelle Soft- und Hardwareausstattung für alle erforderlichen Simulationsdisziplinen. Das ika beschäftigt mehr als 135 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 100 studentische Hilfskräfte. Zusätzlich entstehen jährlich ca. 200 studentische Arbeiten im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten.


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Institut für Kraftfahrzeuge, RWTH Aachen University
Steinbachstraße 7
52074 Aachen

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Leiterin PR/Medien
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+49 241 80 25600

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